Donnerstag, 9. Januar 2014

Das Buch im Zeitalter des Internets.

Ein Buch  zu schreiben ist schon schwierig. Ein Buch zu veröffentlichen ist noch viel schwieriger.
So weit die Binsenweisheit.
Und sie gilt natürlich nur für den "richtigen" Buchmarkt.

"Buch" heißt dann: von einem Verlag betreut (Lektorat, Layout, Marketing), auf Papier gedruckt, zwischen Buchdeckel gebunden, und mit ISBN-Nummer versehen im Buchhandel erhältlich.
Der Autor/die Autorin kann sich im Falle einer solchen Kooperation mit einem Verlag auf das eigentliche Schreiben des Textes konzentrieren. Man reicht beim Verlag ein Exposé ein, erhält einen Vertrag und einen Vorschuss, schickt irgendwann einen Rohtext, der mehr oder weniger stark lektoriert wird, und der Verlag kümmert sich um den Rest: Marktanalyse (will das jemand lesen? kann man damit Geld verdienen? Gibt's das schon?), Marketing, und technische Details wie Layout, Papierwahl, Drucktype etc.
Diese Arbeitsteilung scheint sich über die Jahrhundert bewährt zu haben, und offenbar können sowohl Buchverlage davon leben, als auch die Autorinnen und Autoren. Letztere bekommen, so stellt man sich das vor, einen Vorschuss und mindestens bei mehrfachen Auflagen eine Gewinnbeteiligung in Form von Tantiemen, erstere können nicht nur ihre eigenen Gehälter zahlen, sondern auch die der am Buchentstehungsprozess beteiligten Personen: Lektoren, Layouter, Drucker, Buchhalter, Marketingfritzen etc.Der Buchmarkt boomt, entgegen aller Krisen des Gutenberguniversums, denn Menschen kaufen und lesen nach wie vor Bücher, nicht wenige davon erstaunlich schlecht und unnütz.

Der buchschreibende Nachwuchs weiß natürlich, dass die große Hürde ist, überhaupt von einem Verlag angenommen zu werden - zumal es da noch die Hackordnung unter den Verlagen gibt. Es gibt wichtige, ernsthafte, seriöse, große Verlage - und kleine, feine, schöngeistige Nischenverlage - und natürlich auch Schundverlage.
Und, in Zeiten  des Internets, natürlich book-on-demand, vanity-Verlage und Blogs, und vielerlei weitere Möglichkeiten, sein Geschreibsel zu "publizieren", wobei in diesen letzeren Fällen die Publikationshürde zwar erfreulich niedrig ist, aber auch niemand die Qualität der Texte begutachtet (mit allen Vor-und Nachteilen) und der Autor/die Autorin auf einmal allerlei Aufgaben (Layout, Lektorat) selber erfüllen oder zumindest selber bezahlen muss, für die andere Menschen eine dreijährige Fachausbildung absolviert haben. Das kann natürlich gut gehen. Muss aber nicht. Dennoch rät das "Handbuch für Autoren" von diesem Weg ab - wer ein gutes Buch schreiben kann, der kann dafür auch einen seriösen Verlag finden. Dem Autor/der Autorin alle Kosten aufzudrücken ohne ein wie auch immer geartetes Gehalt zu zahlen sei hingegen unseriös - von solchen "vanity publishern" solle man sich fernhalten.

Ein guter Rat, es sei denn, man ist Wissenschaftler/in, und per Promotionsordnung zur Publikation der Forschungsergebnisse (=Doktorarbeit) gezwungen. Je nach Disziplin ist es da mit einem Aufsatz in einer Fachzeitschrift nicht getan, auch Onlinepublikationen werden (noch) nicht gebührend innerhalb der Fachgemeinschaft wahrgenommen - oft zählt, gerade in den Geistes-  und Kulturwissenschaften, nur das Buch, in seiner oben beschriebenen Form.
Der Autor/die Autorin wird damit automatisch zum leicht erpressbaren Bittsteller. Zwar können die (renommierten) Verlage die Manuskripte ablehnen, selbstverständlich können sie das. Wenn sie aber zusagen, heißt das nicht, dass man nun seine Arbeit als Rohtext einreicht, ein Lektorat erfolgt, bei dem die akademische Sprache etwas gelindert oder der Fußnotenwald etwas gelichtet wird.
Man bekommt vielmehr einen Vertrag, in dem man alle Autorenrechte abtritt (inklusive Film-,Fernsehen und Audioversionen) und den Auftrag, einen "Druckkostenzuschuss" einzuwerben. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich der geforderte Betrag (was ist überhaupt ein Zuschuss - etwa ein Drittel? die Hälfte? Zwei Drittel?) nicht nur als volle Übernahme der Druckkosten, sondern auch als volle Übernahme sämtlicher Kosten, die der Verlag hat.

(Zum Teil wird dabei sogar noch willkürlich ein Aufschlag erhoben, der sich mit tatsächlich entstehenden Kosten nicht erklären lässt. Zum Beispiel, wenn man einfach mal willkürlich für jede Abbildung (schwarz-weiß!) 5,- Euro Aufschlag verlangt. Letzteres ließe sich für den Vertrag begründen mit dem nötigen Layout (das aber der Autor/die Autorin macht), oder (früher mal) dem Rastern (das aber seit Digitaldruck nicht mehr nötig ist), oder Bildrechten (die der Autor/die Autorin kaufen müsste und deren Nachdruck ohnehin in s/w und bei enstprechend geringer Größe als Bildzitat rechtlich unbedenklich wären). Oder aber mit dem teueren Druck, nur dass es eben keinen Cent mehr kostet, eine Seite mit S/W-Text oder S/W-Bild zu drucken. (Ich spreche nicht von Farbdruck, das ist ein ganz anderes Thema.) Kurzum: willkürlich. Macht in meinem Fall, denn ich schreibe dies natürlich nicht zufällig auf, fast 1800,- Euro.)

Das gesamte wirtschaftliche Risiko wird also auf den Autor/die Autorin abgewälzt. Als "Entlohnung" werden Belegexemplare und der zu erwartende Scheck der VG-Wort in Aussicht gestellt. Und natürlich gibt es endlich die ersehnte Urkunde, Ruhm und Ehre, und von der Steuer lässt sich das alles natürlich auch absetzen. Hurra.

Vanity Publishing in Reinform. 
Oder man macht es eben doch online.